Er lebte und arbeitete in einer Gesellschaft, die ihn nicht verstand und zwischen Neugier, Bewunderung, Zweifel und Verachtung hin und her schwankte – aus deren Führungskreisen hohe Persönlichkeiten Steine aufhoben, ihn zu beseitigen (Joh 8.59).

Zu seinem näheren Bekanntenkreis gehörten zwölf Männer, die sich um ihre Berühmtheit Sorgen machten (Mk9.34; Lk9.46; 22.24), deren Selbstüberschätzung sie zu Fall brachte (Mt 26.35ff; Mt 26.15). Diese Crew tat sich schwer mit dem Verstehen und Lernen, so dass Jesus einmal sagen musste: „Wie lange soll ich euch ertragen?“ (Mt17.17).
Die Beziehungen Jesu zu seiner Familie, zu den Menschen seiner Umgebung, zu seinen Freunden waren vielleicht nicht immer nicht das, was wir uns so wünschen würden. Sie wiesen beträchtliche Mängel auf und waren bestimmt nicht immer unkompliziert, erquicklich, liebevoll und schön. Trotz aller enttäuschenden Erfahrungen menschlichen Zusammenseins und krisenreicher Gemeinschaft wandte Jesus sich nicht ab, um seine Ruhe zu haben.

An dem letzten Abend mit seinen Jüngern sagte Jesus zu ihnen: „Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu essen, bevor ich leide!“ (Lk22.15). Warum sagt er das? Ich denke – weil er sie wirklich liebte und an diesem letzten Abend voraussah, dass durch diese unvollkommenen Menschen die ganze Welt verändert werden würde. Durch sie entstanden Gemeinden – Reich Gottes in dieser Welt – bis heute.

Diese Sehnsucht Jesu soll unseren Blick erhellen für die wunderbare Gemeinschaft, in der wir leben dürfen, obwohl wir uns enttäuschen.
Auch unsere Gemeinde ist eine Fortsetzung von Jesu angefangenem Werk – somit auch eine große Verpflichtung – denn Jesus sagte: „An der Liebe werdet ihr als meine Kinder erkannt“ (Joh 13.35). An der Qualität unserer Gemeinschaft sollen Menschen Jesus entdecken und lieben lernen.

Dietrich Bonhoeffer schreibt in seinem Buch ‚Gemeinsames Leben’: „So ist es in der Zeit zwischen dem Tod Christi und dem jüngsten Tag nur wie eine gnädige Vorwegnahme der letzten Dinge, wenn Christen schon hier in sichtbarer Gemeinschaft mit anderen Christen leben dürfen.“ (S.16).

Ich würde mich so freuen, wenn wir dieses Jahr dazu nutzen, die Gemeinschaft miteinander zu genießen, dafür zu danken und uns gegenseitig zu erbauen – wie Paulus schreibt: „Übrigens, Geschwister, alles was wahr, alles was ehrbar, was gerecht, alles was rein, alles was liebenswert, alles was wohllautend ist, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, das erwägt!“ (Phil 4.8).

Auch wir feiern bald das Passah miteinander – auch wir dürfen uns mit Sehnsucht danach sehnen – und vorausschauen auf das Werk, das Jesus durch uns unvollkommene Menschen noch tun wird – um Sein Reich in dieser Welt zu bauen. Lasst uns lieben, weil Christus uns zuerst geliebt hat.

Eva Maria Trapp