Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Apostelgeschichte 5,29

Ich finde, dieser Vers für den Monat Juni hat durchaus einige Sprengkraft in sich. Beim schnellen Lesen könnte man ihn derart verstehen, dass wir uns an menschliche und staatliche Ordnungen nicht mehr halten müssen, sobald wir uns nur auf unseren Glauben berufen. Ganz so einfach ist die Sache aber nicht, ansonsten wären der Willkür schnell alle Türen geöffnet. Wichtig ist, dass wir diese Aussage im Gesamtzusammenhang der biblischen Botschaft betrachten.

Dort findet sich dann der Hinweis des Apostels Paulus im dreizehnten Kapitel des Römerbriefs, wo er die staatliche Gewalt als von Gott eingesetzt beschreibt, um uns Menschen ein geregeltes Leben zu ermöglichen. Dies gibt dem Ganzen zunächst mal eine grundsätzliche Ausrichtung. An anderer Stelle werden wir sogar aufgerufen, für „die Obrigkeit“ zu beten (nicht etwa über sie zu schimpfen) – damit werden wir selbst in die Verantwortung genommen. Auch diese Aufforderung gehört zum Gesamtbild der biblischen Sichtweise dazu.

Aber dann gibt es eben auch Situationen, wie diejenige, in der sich Petrus und die Apostel wiederfinden. Der Hohe Rat – die oberste religiöse Instanz in Israel – will die Botschaft vom auferstandenen Jesus Christus mit aller Gewalt aus der Öffentlichkeit heraushalten und erlässt ein strenges Verbot, im Namen Jesu zu verkündigen. An dieser Stelle steht das menschliche Verbot klar und eindeutig gegen den ausdrücklichen Auftrag Jesu, sein Wort allen Menschen weiterzugeben. In dieser Situation gibt es für Petrus und die Apostel keine zwei Meinungen mehr. Sie sehen sich, trotz der Einschüchterungen der Obrigkeit, an den klaren Auftrag ihres Herrn gebunden.

Im Laufe der Geschichte mussten Christen immer wieder darum ringen, in welchen Fragen sie aufgrund des Gehorsams zu Jesus klar zu widersprechen hatten. Dabei waren die Situationen und Herausforderungen längst nicht immer so eindeutig wie beim Verhör der Apostel vor dem Hohen Rat.

Manche Menschen hätten dann gerne so eine Art festes Regelbuch, das ihnen genau vorschriebt, in welcher Situation sie was zu tun haben. Aber das ist uns in dieser Form nicht gegeben. Unser Fragen und Ringen um die richtige Entscheidung muss immer wieder aus unserer lebendigen Beziehung zu Jesus selbst entstehen. In dem Prüfen seines Wortes, im anhaltenden Gebet mit unserem lebendigen Herrn lässt er uns deutlich werden, welche Schritte wir zu tun und welche Worte wir zu sagen haben – auch wenn sie auf Widerstand stoßen. Gott gebe uns immer wieder Weisheit, im Vertrauen auf ihn das Richtige zu tun.

Henning Knautz